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Aufgefallen

Zwei Nachrichten - zwei Welten

Sonnabend, 02. Dezember 2017, 09:00 Uhr
Wir Journalisten müssen ab und zu auch mal austeilen. Das impliziert aber auch, dass wir einstecken müssen. Denn schließlich machen auch wir Fehler, zu denen man stehen sollte. Politiker jedoch machen keinen Fehler und werden zunehmend unkritischer von uns begleitet. Dazu ein Beispiel, das mir Angst machen könnte...


Samstagabend in Meiningen: Dort wird in einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge der Wachmann eines Sicherheitsdienstes niedergestochen. Er wird durch mehrere Messerstiche schwer verletzt. Von einem Afghanen, der 18 Jahre alt sein soll. Die regionale Zeitung und auch die Radio- sowie TV-Stationen berichten darüber. Am Tag danach. Das war es dann aber auch. Kurz und knapp wird das vermeldet. Dann Ende der Berichterstattung.

Montagabend in Altena in Nordrhein Westfalen. Der Bürgermeister der Stadt wird in einem Döner-Imbiss von einem angetrunkenen Mann mit einem Messer attackiert und am Hals verletzt. Wenig später setzt der Medien-Hype ein. Die WAZ berichtet am Morgen nach der Tat von einer "15 Zentimeter langen Schnittwunde". Die Bundeslanzlerin äußert sich über ihren Sprecher, die gedruckten und internetten Medien überschlagen sich mit Eil- und Sondermeldungen.

Auch ich verurteile diesen Angriff, neben den körperlichen Folgen sind vor allem die psychischen Folgen eines solchen Angriffs für Menschen, die das nicht durchmachen müssen, nur schwer erfassbar.

Nur erscheint mir hier das Messen mit unterschiedlichen Maßen so prominent, dass das sich einfügt in das Bild, das die Medien und die Politik uns seit nun fast zwei Jahren vermitteln wollen.

Neben den Berichterstattungen werden natürlich sofort die Redaktionen der bekannten Talkshows aufmerksam und der Bürgermeister von Altena sitzt mit seiner "15 Zentimeter langen Schnittwunde" 48 Stunden nach der Tat in der Gesprächsrunde von Sandra Maischberger und relativiert unter anderem seine eigenen Äußerungen, die er tags zuvor in der Pressekonferenz in Richtung AfD geäußert hatte.

Das ist sein gutes Recht, die gute Pflicht der Medien ist jedoch eine andere. Warum berichten die überregionalen Medien nicht auch in so großer Aufmachung, wenn ein Wachmann durch einen Flüchtling niedergestochen und schwer verletzt wird? Ist dieser Mensch weniger interessant und von einem weniger medialen Wert als ein Bürgermeister? Oder ist es mittlerweile das Abgestumpftsein ob der Vorfällen, in denen die Täter, die mit Messern "agieren", vorwiegend seit dem Frühherbst 2015 in unserem Land weilen?

Warum wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Weil politisch opportun ist? Drehen wir die zwei Geschehnisse einmal um: Was wäre medial geschehen, wenn ein Bürgermeister von einem Flüchtling und der Wachmann in Meinungen von einem AfD-Mitglied attackiert worden wäre? Hätte sich unsere geschäftsführende Bundeskanzlerin dann auch dazu betroffen geäußert?
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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