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So, 10:23 Uhr
06.09.2020
Jeder Vierte über 50 daddelt fast täglich

Silver-Gamer zocken am häufigsten

Ob am PC, Fernseher, Tablet oder Smartphone: Millionen Deutsche verbringen viel Zeit mit Computerspielen. Eine aktuelle forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse kommt dabei zu einem erstaunlichen Ergebnis: Es sind nicht die jungen Menschen, die am häufigsten online oder offline zocken, sondern die Älteren...

Demnach daddeln fast jeden Tag
  • rund 23 Prozent der 50- bis 69-Jährigen
  • rund 20 Prozent der 30- bis 49-Jährigen und nur
  • rund 15 Prozent 16- bis 29-Jährigen.


Die jüngsten Befragten spielen also am seltensten, dafür aber häufig länger: Die Hälfte der 16- bis 29-Jährigen zockt allein werktags mindestens eine Stunde am Tag. Erschreckend: Immerhin fünf Prozent davon kleben sogar acht Stunden oder länger vor PC, Tablet & Co. – an den Wochenenden sind es sogar sieben Prozent.

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Die Corona-Krise hat die Lage nun noch einmal verschärft – über alle Generationen hinweg: Rund jeder Vierte, der ohnehin schon fast jeden Tag daddelt, sagt, dass er seit der Pandemie mehr spielt als zuvor. 38 Prozent derjenigen, die werktags bereits mindestens zwei Stunden am Tag zocken, sagen ebenfalls, dies seit der Krise häufiger zu tun. Und sogar rund jeder Zweite, der an den Wochenenden ohnehin schon mindestens zwei Stunden am Stück daddelt, spielt seit Corona mehr als vorher. „Das klingt zunächst einmal dramatisch. Richtig genutzt, können Computerspiele aber auch positive Effekte haben, gerade in Zeiten von Corona“, sagt Michael Falkenstein, KKH-Experte für Suchtfragen. So könne man etwa bei bestimmten Spielen in Kontakt mit anderen Menschen bleiben und trotz Abstand gemeinsam etwas erleben. Wer allerdings jeden Tag und dann noch mehrere Stunden am Stück spielt, riskiert eine Sucht und damit seine Gesundheit.

„Es ist zwar schwierig, einheitlich zu definieren, wann eine Computerspielsucht vorliegt, allerdings gibt es klare Alarmzeichen für eine Abhängigkeit“, erläutert Falkenstein. Dazu gehöre etwa, die Kontrolle über Häufigkeit und Dauer des Spielens völlig zu verlieren, das Spielen vor andere Aktivitäten zu stellen und auch bei negativen Konsequenzen weiterzumachen. Falkenstein: „Süchtig nach Computerspielen ist jemand, der seine Familie und Freunde, die Schule oder die Arbeit vernachlässigt, der sich wegen des ständigen Spielens schlecht ernährt, kaum noch schläft, Hobbys und sportliche Aktivitäten sausen lässt.“

Häufige Gründe für exzessives Computerspielen sind Stressbewältigung und Ablenkung. Falkenstein: „Besonders Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl nutzen die Games, um sich von Frust und Unsicherheit zu befreien. Sie genießen die virtuelle Unbeschwertheit, auch wenn das reale Leben derweil zusammenbricht.“ Laut Umfrage spielen 22 Prozent zum Stressabbau und 28 Prozent, um vom Alltag abzuschalten. Für die überwiegende Mehrheit – nämlich 78 Prozent der Befragten – steht aber der Spaß im Vordergrund.

Um exzessiv spielenden Menschen zu helfen, sei es vor allem wichtig, die Ursachen für eine Sucht zu ermitteln, erläutert Falkenstein. Das können etwa Depressionen oder soziale Angststörungen, aber auch eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sein. Solche Erkrankungen können eine Spielsucht auslösen, die wiederum andere Erkrankungen wie Fettleibigkeit, verstärkten Alkohol- und Nikotinkonsum, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schlafstörungen, Rückenschmerzen und Augenprobleme verursachen kann. „Es müssen immer mehrere Kriterien zutreffen, um von einer Abhängigkeit zu sprechen“, betont Falkenstein.

Dass auch immer mehr ältere Menschen dem Reiz digitaler Spiele verfallen, liegt nicht zuletzt an einer wiederentdeckten Leidenschaft: Denn schließlich war die Generation 50 plus bei der Geburtsstunde der PC-Spiele in den achtziger Jahren mit am Drücker. „Haben sich die sogenannten Silver-Gamer erst einmal mit der heutigen Technik vertraut gemacht, sind gerade sie es, die gar nicht mehr aufhören wollen zu zocken“, erläutert Falkenstein.

Dabei geht es nicht nur um Gedächtnis- oder Glücksspiele, die man der Generation 50 plus am ehesten zuschreibt. Immer mehr Best Ager entdecken auch Rollenspiele wie World of Warcraft für sich. Und diese sowie Shooter und Strategiespiele haben besonderes Suchtpotenzial. Sie können besonders fesseln, denn die Übernahme einer Rolle ist meist mit einer starken Identifizierung verbunden. „Durch Erfolgserlebnisse im Rollenspiel werden zum Beispiel Misserfolge im Alltag kompensiert, da sie virtuell viel leichter als im echten Leben zu erzielen sind“, sagt der KKH-Experte. Er rät Menschen, die nicht mehr vom Spielen loskommen, sich Hilfe – etwa bei einer Suchtberatungsstelle oder in einer Selbsthilfegruppe – zu suchen.
Autor: red

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