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Mi, 07:45 Uhr
13.04.2022
Ein Verein hilft Flüchtlingen ideell und materiell

Ein Asyl mit historischem Vorbild

Eine Zufluchtsstätte für Juden während des Zweiten Weltkrieges in Iowa gilt derzeit als Vorbild für die aktuelle Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in Bad Langensalza. Verantwortlich ist dafür der amerikanische Geschichtsprofessor Michael Luick-Thrams, der Teile seines Erbes für den Erwerb eines Hauses in der Jüdengasse einsetzte …

Professor Michael Luick-Thrams in seinem Haus, das er Flüchtlingen zur Verfügung stellt (Foto: oas) Professor Michael Luick-Thrams in seinem Haus, das er Flüchtlingen zur Verfügung stellt (Foto: oas)


„Juden und andere Flüchtlinge aus dem von den Nationalsozialisten besetzten Europa flohen vor der Tyrannei und der realen Bedrohung in die USA und fanden von 1939-43 unter anderem einen Schutzort in Iowa“, erzählt Michael Luick-Thrams, der Wahldeutsche, der aus Iowa stammt. „Ein zentraler Bestandteil des Projektes war, dass sich immer ein amerikanischer Mitarbeiter um je zwei "Gäste" kümmerte. Somit sollte den Geflüchteten eine rasche kulturelle und sprachliche Integration ermöglicht werden. Das wollen wir hier auch gern mit den ukrainischen Flüchtlingen so umsetzen.“

Dabei spiele es keine Rolle, aus welchen Gruppen der Gesellschaft die Helfer stammten, wichtig sei vor allem, dass sie mit den Neuankömmlingen redeten, sie an die Sprache gewöhnten und sie zur lernen helfen.

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So nimmt sich der Quäker aus Iowa, der in Thüringen lebt und an der Erfurter Universität Geschichte lehrt, das "Scattergood-Hostel" zum Vorbild für ein neues "Scattergood Center" in seiner Wahlheimatstadt Bad Langensalza. Professor Luick-Thrams ist der Vorsitzende des „Spuren e.V.“ und des „TRACES Center for History und Culture“ in den USA und hat kürzlich das Haus Jüdengasse 1 erworben. Ermöglicht durch eine Erbschaft verschwendete der engagierte Wissenschaftler keine Zeit, das zweistöckige Gebäude mit zahlreichen Zimmern und mehreren Küchen als Zufluchtsort für ukrainische Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.

Dank des unermüdlichen Einsatzes und der Spenden von mehr als vierzig Freiwilligen vor Ort wurde das Haus, innerhalb von knapp zwei Wochen gereinigt, renoviert und mit genügend Möbeln und Vorräten ausgestattet, um Mütter und Kinder, die vor dem Krieg fliehen, zu beherbergen. Seit Beginn der Kriegshandlungen konnten zwischenzeitlich 23 Menschen hier aufgenommen werden und weitere sind auf dem Weg. Für die Woche nach Ostern rechnet Luick-Thrams mit mindestens zehn neuen Kriegsflüchtlingen. Über den „Spuren"-Verein erhalten sie nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch Hilfe in allen Lebenslagen und Unterstützung bei Wohnungs- und Arbeitssuche. Der Hausbesitzer und seine Mitarbeiter wünschen sich, dass außer den Geflohenen auch Deutsche mit einziehen mögen, die sich im Zusammenleben aktiv um die Integration der Exilanten kümmern.

Auch zukünftig, wenn die Ukraine-Krise vorbei ist, wird das Haus als Unterkunft für Menschen, die vor Krieg oder Umweltkatastrophen fliehen fortgeführt werden. Das steht für den gebürtigen Amerikaner jetzt schon fest, der den Hauskauf ins Bad Langensalza teilweise aus dem Erlös für die Ashlawn-Farm, seinem Elternhaus finanzieren konnte. Auch seine Mutter Phyllis war schon dort in Iowa aufgewachsen, wo seit 105 Jahren die in den 1850er Jahren aus Südthüringen eingewanderte Familie Thrams lebte. „Somit ist wortwörtlich ein Teil ihres weltlichen Reichtums wieder in der mitteldeutschen Provinz gelandet, aus der er kam. Als Teenagerin hatte Phyllis afro-amerikanische und hispanische Freunde, in einer Ära, in der dies für ein „weißes Mädchen“ nicht der Norm entsprach“, erzählt der Professor, dessen Spezialgebiet die Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen in den Jahren 1914-1948 ist.

„Unser Projekt ist nur aufgrund der Großzügigkeit all seiner Unterstützer möglich. Ihre Spenden werden dafür eingesetzt, Essen, Kleidung, Pflegeprodukte sowie andere Vorräte für die Hausbewohner zu besorgen. Sie fließen auch in die Bereitstellung von Medizin und Bildung für die Flüchtlinge und sollen dabei helfen, die Nebenkosten sowie mögliche Reparaturen am Haus zu decken“, erläutert er und wirbt dafür, aktiv bei der Hilfe mitzuwirken.
Olaf Schulze
Vorher/Nachher-Bilder aus dem Haus Jüdengasse 1, das momentan als Zufluchtshaus für ukrainische Flüchtlinge dient. (Foto: LV Sachse)
Vorher/Nachher-Bilder aus dem Haus Jüdengasse 1, das momentan als Zufluchtshaus für ukrainische Flüchtlinge dient. (Foto: LV Sachse)
Vorher/Nachher-Bilder aus dem Haus Jüdengasse 1, das momentan als Zufluchtshaus für ukrainische Flüchtlinge dient. (Foto: LV Sachse)
Vorher/Nachher-Bilder aus dem Haus Jüdengasse 1, das momentan als Zufluchtshaus für ukrainische Flüchtlinge dient. (Foto: LV Sachse)
Autor: osch

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